Tänzer am Times Square in New York. Tänzer am Times Square in New York.

Mode im Herzschlag von New York

Performance am Times Square! Ein Abend zwischen Neonlichtern und Rhythmen.

Der Times Square ist ein Ort, der selten zur Ruhe kommt. Menschenströme, blinkende Reklametafeln, Straßenkünstler an jeder Ecke. Und doch war es an einem Abend zuletzt anders. Mitten im Gewirr von Kameras, neugierigen Touristen und hupenden Taxis stellte die Tanzgruppe I Love Dance aus Manhattan die neue Kollektion von Schirin Style vor. Eine Inszenierung, die nicht den Glanz eines Laufstegs brauchte, sondern die Energie einer Stadt nutzte, die niemals schläft.

Die Tänzer bewegten sich präzise, fast aggressiv, und doch voller Spielfreude. Ihre Outfits – zuerst klare Schwarz-Weiß-Kombinationen, später farbgewaltige Stücke mit grafischen Mustern – wirkten wie eigens für diesen Ort gemacht. New York nahm das Spektakel auf, wie nur New York es kann: mit Staunen, Applaus, Handykameras und einem kurzen Innehalten im Chaos des Alltags.

Mode, die nicht stehenbleibt

Was Schirin Thoma mit Schirin Style seit Jahren verfolgt, wurde an diesem Abend besonders sichtbar: Mode soll sich bewegen. Sie soll nicht erstarrt an Models hängen, die streng einen Laufsteg entlanglaufen, sondern atmen, schwitzen, tanzen. Die Outfits der Kollektion zeigten, dass sie für Körper gedacht sind, die sich nicht an Konventionen halten.

Die weiße Linie der ersten Outfits, einfache Shirts mit Logo und schwarzen Hosen, wirkte wie eine Einführung. Später folgte ein Feuerwerk aus Mustern, inspiriert von Popkultur, Ornamentik und futuristischen Motiven. Gerade in Bewegung, wenn die Tänzer ihre Körper in kraftvollen Formationen verdrehten, wurde deutlich, wie sehr diese Mode darauf ausgelegt ist, gesehen zu werden, wenn sie lebt.

Ein Publikum wird Teil des Ganzen

(Foto: Lauren Nakao Winn)

New York kennt Straßenauftritte in jeder Form. Doch selten werden Passanten so direkt einbezogen. Nach der Performance erhielten Zuschauer T-Shirts, manche schlüpften sofort hinein, andere posierten lachend mit der Gruppe. Für einen kurzen Moment verschwamm die Grenze zwischen Performer und Publikum.

Genau hier lag der Kern dieses Abends: Mode als Begegnung. Nicht als Distanz, die durch Einladungen, VIP-Listen oder geschlossene Türen erzeugt wird, sondern als spontanes Geschenk im Herzen einer Stadt.

Schirin Thoma und ihre Handschrift

Die Designerin selbst war nicht die Figur im Rampenlicht, sondern die Kraft im Hintergrund. Sie hat in den vergangenen Jahren immer wieder bewiesen, dass sie Mode als Ausdrucksmittel versteht. Ihre Arbeiten wurden in Basel gezeigt, sie hat in Cannes Debüts gefeiert und bei Popkultur-Events wie der Fantasy Basel für Aufsehen gesorgt.

Doch der Auftritt in New York war mehr als ein weiterer Punkt auf einer Liste internationaler Stationen. Er war ein Statement. „Mich interessiert die Begegnung“, sagte sie einmal. „Ein Kleidungsstück ist für mich erst dann vollständig, wenn jemand darin etwas erlebt.“

Genau das wurde am Times Square sichtbar. Ihre Kollektion wurde nicht nur getragen, sondern erlebt.

New York als Resonanzraum

(Foto: Lauren Nakao Winn)

Dass ausgerechnet Manhattan als Bühne gewählt wurde, war kein Zufall. Die Stadt steht wie kaum eine andere für Gegensätze: Luxus und Straße, Hochglanz und Improvisation, Tradition und radikale Neuerfindung.

Schirin Style passte in diese Gemengelage, weil die Kollektion selbst von Gegensätzen lebt. Einerseits Elemente, die an Haute Couture erinnern, kunstvoll und grafisch. Andererseits Schnitte, die stark an Streetwear angelehnt sind. Zusammen ergibt sich ein Spannungsfeld, das perfekt zur DNA von New York passt.

Globale Trends und ein lokaler Moment

In der Modebranche wächst seit Jahren das Bedürfnis, Präsentationen aus den geschlossenen Räumen herauszuführen. Während die großen Fashion Weeks weiterhin dominieren, gewinnen alternative Formate an Relevanz. Pop-up-Shows, digitale Inszenierungen oder Performances im öffentlichen Raum sprechen ein Publikum an, das Authentizität erwartet.

Studien zeigen, dass gerade jüngere Zielgruppen nicht mehr nur Beobachter sein wollen, sondern Teil des Erlebnisses. Mode muss für sie mehr sein als ein Bild auf Instagram. Sie wollen die Geschichte spüren, die ein Kleidungsstück erzählt.

Der Abend am Times Square war damit auch ein Testlabor: Wie reagiert ein zufälliges, bunt gemischtes Publikum auf Mode, die so inszeniert wird? Die Antwort war eindeutig. Mit Staunen, mit Freude, mit Lust, Teil dieser Performance zu werden.

Schirin Style im Kontext

(Foto: Lauren Nakao Winn)

Die Marke Schirin Style steht seit ihrer Gründung für das Spiel mit Kontrasten. Sie ist kein reines Streetwear-Label, auch keine klassische Couture-Marke. Vielmehr bewegt sie sich zwischen den Polen, nimmt Elemente aus beiden Welten und fügt sie neu zusammen.

Gerade dieser Ansatz macht sie anschlussfähig an globale Entwicklungen. Der Markt für Streetwear wächst rasant, während Haute Couture weiterhin ihren exklusiven Nimbus behält. Wer beide Felder miteinander verbindet, öffnet Räume für neue Zielgruppen. Zahlen des Statista Research Department zeigen, dass Streetwear allein 2025 ein Marktvolumen von mehr als 180 Milliarden US-Dollar erreichen wird.

Schirin Thoma bedient diesen Markt nicht, indem sie ihm hinterherläuft. Sie sucht vielmehr ihre eigenen Wege, oft an Orten, die auf den ersten Blick nicht zum Modekosmos gehören.

Ein Abend, der hängenbleibt

Der Auftritt von I Love Dance mit den Kollektionen von Schirin Style war kein klassisches Modespektakel. Er war ein Ereignis, das sich in das Gedächtnis einer Stadt einschreibt, die vieles schon gesehen hat. Für einen Augenblick verschmolzen Tanz, Mode und Stadtleben zu einem Bild, das schwer zu vergessen ist.

Vielleicht ist genau das die eigentliche Botschaft: Mode muss sich nicht auf elitäre Räume beschränken. Sie darf raus auf die Straße, sie darf laut sein, sie darf Schweiß und Staub abbekommen.

Und sie darf, wie an diesem Abend, ein kleines Stück New York einfangen: chaotisch, elektrisierend, unvorhersehbar.