Emely und Kevin Emely und Kevin

Too Hot To Handle Germany – Therapiestunde für Gen Y

Ein Trash Format von Netflix versetzt Berge für die Liebe. Was ist da los?!

In Zeiten von Online Dating und unzähligen Worten für diverses Fehlverhalten oder Warnsignale im Game scheint es vor allem für die bindungsunfähige Generation Y fast ein Ding der Unmöglichkeit zu sein, eine Beziehung aufzubauen, wie sie unsere Großeltern noch pflegten. Das will die Netflix Serie "Too Hot To Handle Germany" ändern. Mit Erfolg: Aus der ersten Staffel, die seit dem 28. Februar 2023 online ist, geht am Ende sogar ein Pärchen heraus. Und das, obwohl die Teilnehmenden sich anfangs etwas ganz Anderes erhofft hatten…

Aber von vorn: Seit 2020 versucht die Serie "Too Hot To Handle" Dauersingles auf den Weg der Erleuchtung zu führen. Die Taktik: Striktes Zölibat. Was banal klingt, hat jetzt in der ersten deutschen Ausgabe zu Erfolgen im Umdenken geführt. Denn was anhand der Trailer und vorherigen Staffeln aus den USA und Südamerika nach feinstem Trash TV aussieht und in erster Linie unserer Unterhaltung dienen soll, bietet tatsächlich ungeahnten Tiefgang.

Die Strategie

Zehn Singles verbringen einige Wochen in einer traumhaften Villa irgendwo in Mexiko. Ihre Erwartung: Ordentlich die Sau rauslassen, flirten und unverbindlicher Spaß. Die Produktion lässt die Teilnehmenden glauben, sie seien im Format "Tropical Desire" gelandet. Einen Abend haben sie Zeit und Gelegenheit, sich näher zu kommen. Und das passiert auch im Handumdrehen. 

Ein kleiner Kegel macht diesem wollüstigen Schauspiel allerdings ein jähes Ende: Lana ist ein Soundsystem a la Alexa und untersagt den Teilnehmenden sämtliche sexuelle Handlungen. Jede davon stellt einen Regelverstoß dar, der das Preisgeld von 200.000 Euro um saftige Beträge schrumpfen lässt.

Was anfangs niemand so richtig ernst nehmen will, führt schnell zu Zusammenhalt in der Gruppe und vor allem zum Umdenken: Die Singles sind jetzt gezwungen, sich auf emotionaler Ebene kennenzulernen. Dazu bekommen sie Workshops zu den Themen "toxische Männlichkeit", "Selbstwert" und "Selbstreflexion". Auf einmal werden sie mit eigenen Emotionen wie Eifersucht, Wut, Trauer und Liebe konfrontiert und beginnen, sich nicht nur Gedanken zum Dating zu machen, sondern auch zur eigenen Persönlichkeitsentwicklung.

(Foto: Netflix / Paul Hepper)

Das Ergebnis

Natürlich gibt’s Regelverstöße – Allein in den ersten Tagen verspielen die Singles ordentlich Preisgeld. Mit der Zeit überlegen sie sich aber genau, wann körperliche Nähe in ihren Augen angebracht ist und, ob sie bereit sind, einen hohen Preis dafür zu zahlen. Außerdem merken die Teilnehmenden schnell, wie wertvoll schon kleinste Berührungen und Zärtlichkeiten für echte Intimität sein können. Das steigert auch die gegenseitige Wertschätzung, die es in Zeiten von schnellem Sex und Unverbindlichkeit kaum gegeben hat. 

Der Plan geht auf: Dass sich die Hotties alle extrem anziehend finden, steht bis zum Schluss außer Frage. Durch das Wegfallen sexueller Handlungen sind allerdings bei einigen echte Gefühle gewachsen. Aus dem Format ist sogar eine Beziehung entstanden. Und selbst, wenn die Bindungen aus diesem Format nicht von Dauer sein sollten, haben die Menschen darin wieder gelernt, sich emotional zu öffnen, mutig zu sein und Gefühle zuzulassen. Für viele war das ganz am Anfang undenkbar - zu oft seien sie verletzt worden, zu oberflächlich durch's Leben gegangen. Vielleicht regt das so manchen Menschen der Generation Y zum Nachdenken an.

(Foto: Netflix / Paul Hepper)