Glühbirne (Idee) in Steckdose

Kreativität in Zeiten von Corona

Die Corona-Pandemie hat bekanntlich das öffentliche Leben für einige Wochen komplett lahmgelegt. Auch die Unterhaltungsindustrie war von dieser Zwangspause betroffen. Doch zahlreiche Künstler haben dennoch Möglichkeiten gefunden, ihre Fans mit neuem Material zu versorgen. Das gilt sowohl für Film- und Serienmacher als auch für Künstler, die von Live-Auftritten leben.

Normalerweise produzieren prominente Künstler jede Menge Schlagzeilen mit ihrer kreativen Arbeit. Doch während der Maßnahmen gegen das Coronavirus sind sie dazu gezwungen, ihren Alltag in ihren eigenen vier Wänden zu bestreiten. Das tun manche von ihnen, indem sie die derzeitige Situation künstlerisch verarbeiten. Der Schauspieler Rob McElhenny zum Beispiel hat zusammen mit zwei Mitstreitern eine besondere Episode seiner Serie "Mythic Quest: Raven’s Banquet" geschrieben. Die Serie, die bei Apple TV+ läuft, dreht sich um die Belegschaft einer Videospieleschmiede, die sich regelmäßig in kreativen Angelegenheiten in die Haare kriegt. In der aktuellen Folge mit dem Titel "Mythic Quest: Quarantine" treffen sich die Mitarbeiter der Firma im Video-Chat und kommen auch dort nicht ohne Streit aus. Am Ende tun sie sich dennoch für eine gemeinsame Sache zusammen: für eine Rube-Goldberg-Maschine über 16 Bildschirme!

Die Serie "Parks And Recreation" kehrte sogar fünf Jahre nach ihrem offiziellen Ende aus dem Ruhestand zurück, um ihre Fans mit einer speziellen Episode zu erfreuen. Die Folge lief am 30. April 2020 im US-Fernsehen, und es waren sämtliche Hauptfiguren der Show darin zu sehen. Selbstverständlich befanden sie sich in ihren Wohnungen und Häusern und kommunizierten über das Internet miteinander. So gab es ein unerwartetes Wiedersehen mit Charakteren wie Leslie Knope (Amy Poehler), Ron Swanson (Nick Offerman), Andy Dwyer (Chris Pratt) und April Ludgate (Aubrey Plaza). Auch für das Finale der Quarantäne-Folge von "Parks And Recreation" hatten sich die Macher eine besondere Überraschung ausgedacht: eine Gesangsnummer zu Ehren des im Laufe der Serie verstorbenen und von allen verehrten Ponys Li'l Sebastian.

Auch deutsche Serienmacher haben die Not der Corona-Krise zur Tugend gemacht. Der Produzent Philipp Käßbohrer von der bildundtonfabrik und der Regisseur Lutz heineking jr. von eitelsonnenschein stellten innerhalb von nur drei Wochen die Serie "Drinnen - Im Internet sind alle gleich" auf die Beine. Dafür konnten sie durchaus namhafte Schauspieler wie Lavinia Wilson, Barnaby Metschurat und Jana Pallaske gewinnen, die während der Dreharbeiten ihr Zuhause nicht verließen. Denn auch "Drinnen" spielt sich ausschließlich auf Displays ab. Charlotte (Wilson) ist unzufrieden mit ihrem Job in einer Werbeagentur und mit ihrer Ehe mit Markus (Metschurat). Weil sie wegen einer vermuteten Infektion mit dem Coronavirus zu Hause bleiben muss, ist sie dazu gezwungen, ihre Angelegenheiten übers Internet zu erledigen. Zwischen dem 3. und dem 25. April 2020 ging an jedem Wochentag um 20 Uhr eine neue Folge von "Drinnen" in der Mediathek vom ZDF online. Aufgrund der besonderen Umstände bei den Dreharbeiten war Lavinia Wilson als Hauptdarstellerin gleichzeitig für Requisiten, Maske, Kamera und Licht zuständig. Zudem schrieben die Drehbuchautoren noch die letzten Folgen der Serie, während die ersten bereits veröffentlicht worden waren.

Das ZDF ist für eine weitere Serie verantwortlich, die die Corona-Pandemie als Rahmen verwendet. "Liebe. Jetzt!" besteht aus sechs Folgen, die jeweils abgeschlossene Geschichten von der Liebe erzählen. In der ersten Folge namens "Plötzlich Paar" ist auch gleich der prominenteste Schauspieler der Serie zu sehen: Jürgen Vogel. Er und Natalia Belitski (mit der Vogel übrigens auch im richtigen Leben zusammen ist) spielen ein frisch gebackenes Paar, das unerwartet schwanger wird. Trotzdem haben die beiden mit Problemen zu kämpfen, weshalb sie die Hilfe einer Paartherapeutin in Anspruch nehmen - selbstverständlich per Video-Chat. In der zweiten Episode von "Liebe. Jetzt!" flirten zwei junge Studenten miteinander, in der dritten muss sich ein verheirateter Mann zwischen seiner Frau und einer Arbeitskollegin entscheiden. Jede Folge der Serie schlägt einen anderen Ton an, alle sind in der ZDF Mediathek zu sehen.

Die Maßnahmen gegen das Coronavirus haben dafür gesorgt, dass Kinos geschlossen und zahlreiche Konzerte abgesagt werden mussten. Eine längst in Vergessenheit geratene Institution sorgt allerdings dafür, dass beide Branchen weiterhin Geld verdienen können: das Autokino. In den 1970ern gab es mal rund 40 dieser Freiluftkinos, in die Filmfreunde mit ihren Autos fahren konnten. Anfang 2020 waren es nur noch zwölf. Doch die Corona-Krise sorgte für einen regelrechten Boom. Mindestens 120 Betreiber öffneten zumindest temporär ein Autokino in Deutschland. Der Grund liegt auf der Hand: Die Abstandregeln können in dieser Art von Kino optimal eingehalten werden.

Was für Filme gut funktioniert, ist auch für Live-Auftritte bestens geeignet. Und so finden Konzerte, Comedy-Auftritte und Lesungen im Frühjahr 2020 im Autokino statt. So spielte die Band Brings am 17. und am 18. April zwei Konzerte im Autokino in Köln-Porz. Statt der maximalen Kapazität von 1.000 Autos durften dabei nur 250 Fahrzeuge auf das Gelände fahren, da ein Mindestanstand von zwei Metern eingehalten werden musste. In jedem Auto durften nur zwei Erwachsene und ein Kind bis 14 Jahre sitzen. Die Tickets mussten die Besucher vorab im Internet erwerben, bei der Einfahrt ins Autokino wurden die digitalen Eintrittskarten durch die Fensterscheibe gescannt. Snacks wurden auf dem Gelände nicht verkauft, die brachten sich die Besucher selbst mit.

Auch Sido lässt es sich nicht nehmen, während der Corona-Krise seine Fans mit Live-Auftritten im Autokino zu beglücken. Der Rapper geht sogar auf deutschlandweite Tour. Nach dem großen Erfolg seiner zwei Konzerte am 25. und 26. April 2020 in Düsseldorf trat er am 11. und 12. Mai in Hannover auf. Weil die beiden Konzerte ebenfalls ausverkauft waren, hängte Sido nicht nur einen Zusatztermin in Hannover dran. Er kündigte zudem gleich fünf weitere Termine im Juni an. Dabei verschlägt es ihn unter anderem nach Ingolstadt und nach Mannheim.

In Mannheim wird Sido Teil eines ganzen Autokino-Festivals sein. Seit dem 25. Mai 2020 steigt auf dem Maimarktgelände der baden-württembergischen Stadt das CARStival. Es bringt nicht nur Konzerte von Revolverheld, Alligatoah und Culcha Candela auf die Bühne. Das Nationaltheater Mannheim spielt auch an einem Abend Goethes "Faust. Der Tragödie erster Teil". Comedy-Auftritte von Bülent Ceylan, Ingo Appelt sowie Amira und Oliver Pocher gehören ebenso zum Programm vom CARStival. Am 24. Juli absolviert der Elektro-Künstler Schiller einen Auftritt, eine Woche später bildet ein musikalischer Gottesdienst den Abschluss eines Festivals, wie es wohl nur das Jahr 2020 hervorbringen konnte.